Sprunglinks

Die Accesskeys folgen den Empfehlungen der Stiftung Zugang für alle. Die Seite wird zusätzlich mit h4 Titeln strukturiert.

Servicenavigation

Menü, Accesskey 1


Das Verdauungssystem des Kaninchens











Die wichtigsten Besonderheiten der Kaninchenverdauung



Wie bei anderen kleinen Säugetieren sind die Stoffwechselrate und damit der Energiebedarf beim Kaninchen relativ hoch. Um diesen Bedarf zu decken, ist der Verdauungsapparat des Kaninchens auf das Verarbeiten großer Mengen pflanzlicher Nahrung spezialisiert. Bei vielen grösseren Pflanzenfressen (z.B. beim Pferd) werden die nicht verdauten Anteile des Nahrungsbreis ("Ballastsstoffe") komplett im Blind- und Grimmdarm vergärt. Bei Kaninchen ist das anders. Die gröberen Ballaststoffe wie z.B. Zellulose kommen nicht in den Blinddarm, sondern werden auf direktem Weg ausgeschieden und nur die potenziell gehaltvolleren, feinen "Balaststoffe" mit einer Partikellänge von weniger als 0.5 mm gelangen in den Blinddarm und werden dort mit Hilfe von Bakterien aufgeschlossen, wodurch nahrhafte flüchtige Fettsäuren entstehen, die teils direkt im Blinddarm wieder aufgenommen werden.

Folgerung für die Fütterung:
Zu fein vermahlene Fasern gelangen in den Blinddarm, anstatt direkt ausgeschieden zu werden. Eine solche Überladung des Blinddarms mit falschem Inhalt kann zu Verdauungsproblemen führen. Aus diesem Grund eignet sich schlecht verdauliches gemahlenes, breiiges oder staubiges Futter nicht zur Ernährung von Kaninchen. Dies gilt auch für Futter, welches einen hohen Anteil an Pflanzenstaub enthält, beispielweise Pellets, Heucobs, Heuwürfel, Grünmehl oder übermässig zerbröselte Trockenkräuter.


Das Ergebnis dieser Blinddarmgärung ist ein weicher, klebriger und streng riechender Kot, der sich deutlich vom trocknen Hartkot unterscheidet. Dieser sogenannte Blinddarmkot wird üblicherweise direkt vom After gefressen. Dadurch kann das Kaninchen auch die Eiweiße und Vitamine verwerten, die von den Blinddarmbakterien erzeugt wurden und die, im Gegensatz zu den flüchtigen Fettsäuren, im Blind- und Dickdarm nicht mehr aufgenommen werden konnten.

Eine weitere Besonderheit der Kaninchenverdauung ist die nur schwach ausgebildete Magendarmmuskulatur beim Kaninchen. Zwar kann und wird der Nahrungsbrei durchaus auch aktiv von der Muskulatur bewegt werden. Oft liest man, dass Kaninchen einen "Stopfdarm" hätten und die Nahrung nur weiter geleitet wird, wenn neu geschluckte Nahrung den Nahrungsbrei weiterschiebt. Dies ist nicht richtig, hat aber einen "wahren" Kern. Fehlt eine ausreichend regelmässige Nahrungzufuhr, können sich Verdauungsbeschwerden ausbilden. Es ist daher sinnvoll, dass die Kaninchen auch ausserhalb der Fütterungszeiten Futter zum Knabbern finden (z.B. Heu).







Beschreibung der Kaninchenverdauung


Abbildung: Schematische Darstellung der Kaninchenverdauung



1. Die Verdauung der Nahrung beginnt in der

Mundhöhle

. Die Nahrung wird mit den Schneidezähnen abgebissen und anschließend mit den Backenzähnen verkleinert. Dadurch wird der Bissen eingespeichelt und erste Stärkemoleküle werden gespalten.

2. Die Speiseröhre

schiebt den Bissen nach dem Schlucken in den Magen. Anders als beim Menschen ist dieser Vorgang nicht umkehrbar. Da der Verschluss der Speiseröhre (rotes A im Bild) stark ist und der Magen nur am Magenausgang nennenswert bemuskelt ist, können Kaninchen nicht erbrechen.

3. Der Magen

umfasst etwa 15 % des Volumens des ganzen Verdauungstraktes. Er enthält immer etwas Nahrung und sorgt dadurch für eine Verdünnung problematischer Nahrungsbestandteile. Durch den salzsäurehaltigen Magensaft wird der Mageninhalt stark angesäuert und erreicht einen pH-Wert von 1-2, was die meisten Keime zuverlässig abtötet. Bei Kaninchen im Säuglingsalter liegt der pH-Wert nur im schwach sauren Bereich, so dass der Blind- und Enddarm mit Bakterien besiedelt werden können. Auch bei der Aufnahme von Blinddarmkot ist der pH-Wert nicht so tief, sondern erhöht sich auf einen Wert von etwa 3.

Die Verweildauer der Nahrung im Magen ist unterschiedlich und liegt im Normalfall bei 3-6 Stunden, während denen viele Eiweiße bereits mit Hilfe von Enzymen zerlegt werden. Anschließend entlässt der Pförtner (rotes B) einen Teil des Nahrungsbreis dosiert in den Dünndarm.

4 Dünndarm.


Im ersten Teil des Dünndarms, dem Zwölffingerdarm (4a), wird der pH-Wert wieder angehoben bzw. leicht alkalisch eingestellt. Der Nahrungsbrei wird mit vergleichsweise wenig Saft aus der Bauchspeicheldrüse und der Gallenflüssigkeit vermischt und weiter zerlegt. Anschließend gelangt der Nahrungsbrei in den Leerdarm (4b) und später in den Krummdarm (4c). In diesen drei Abschnitten werden Vitamine, Einfachzucker, Aminosäuren, Fettsäuren und auch ein Teil der Salze und des Wassers aufgenommen. Übrig bleibt ein wässriger Brei mit bisher unverdaulichen Faser- und Eiweißstoffen.

C CSM (Colonic Separation Mechanism)


Beim Übergang vom Dünndarm in den Blinddarm und Dickdarm unterscheidet sich die Verdauung der Kaninchen, anderen Hasenartigen und mancher Nagetiere von jener vieler anderer Pflanzenfresser. Denn anders als z.B. bei ''Enddarmfermentierern'' wie z.B. das Pferd gelangt bei ihnen nur ein Teil des Dünndarminhalts in den Blinddarm. Die Sortierung erfolgt nach Partikelgrösse und zwar dadurch, dass die Nahrung aus den ersten 30 cm des Dickdarms (6a) mit Hilfe von Flüssigkeit durch eine Art warzenbesetze Struktur rückwärts in den Blinddarm gespült wird. Kleine Partikel mit einer Länge von < 0.5 mm gelangen so in den Blinddarm (rote Pfeile), während die groben, schwerverdaulichen Fasern, wie z.B. Zellulose im Dickdarm verbleiben (gelbe Pfeile).

5 Der Blinddarm

eines Kaninchens ist mit einer Länge von etwa 40 cm und einem Volumen von etwa 60 % des Verdauungssystems der größte Bereich im Darm. Darin lebt eine Vielzahl von Mikroorganismen. Anders als z.B. bei Wiederkäuern, deren Verdauungsmikroflora mehrheitlich aus Milchsäurebakterien besteht, sind in der Gärkammer der Kaninchen zu einem großen Teil Stäbchenbakterien der Gattung Bacteroides zu finden. Viele dieser Mikroorganismen helfen dem Kaninchen bei der Verdauung der Nahrung, indem sie die noch unverdauten Nahrungsbestandteile - unter anderem Xylane und Pektine in nahrhafte Essigsäure, Buttersäure, Propionsäure verwandeln, die im Kaninchenblinddarm aufgenommen werden können. Aus diesen drei flüchtigen Fettsäuren kann das Kaninchen gemäß einer Untersuchung von Parker bis zu 30 - 40 % seines Energiebedarfs decken.

Bei den Stoffwechselvorgängen der Bakterien entstehen auch Abfallstoffe wie Harnstoff und Ammoniak und auch weitere nahrhafte Moleküle, nämlich Eiweiße, Zucker und Vitamine, die jedoch im Dickdarm nicht aufgenommen werden können. Aus diesem Grund produzieren Kaninchen zwei Arten von Kot und fressen den nahrhaften Blinddarmkot beim Ausscheiden direkt vom After weg. Die Nährstoffe aus dem Blinddarmkot werden dann ganz normal im Dünndarm aufgenommen.

6 Dickdarm

In der Hartkotphase werden die Nahrungsbestandteile, die zu grob sind um im Blinddarm zu landen, im über einen Meter langen Dickdarm weitertransportiert, entwässert und mit Hilfe starker Kontraktionen zu den bekannten, harten Kaninchen-Kotkügelchen gepresst und anschließend ausgeschieden.

In den weniger häufigen Blinddarmkotphasen wird der Inhalt des Blinddarms durch den Dickdarm geführt, dies geschieht etwa 1.5 - 2.5 Mal schneller als in der Hartkotphase. Der Blinddarmkot wird nicht so stark entwässert und nur leicht gepresst und mit einer Schicht schützendem Schleim umgeben.








Quellen


- F. Harcourt-Brown (2002): Textbook of Rabbit Medicine. Butterworth-Heinemann, Oxford
- B. O'Malley (2008): Klinische Anatomie und Physiologie bei kleinen Heimtieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien. Urban und Fischer Verlag, M¨nchen
- W. von Engelhardt (2005): Physiologie der Haustiere. Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart
- R + J Rees Davies (2003): Rabbit gastrointestinal physiology. Vet Clin Exot Anim 6 (2003) 139 - 153
- K-Fr. Sewing und K. Fleischer (1968): Die Motilität von Antrum, Pylorus und Duodenum beim Kaninchen
- G. Bjornhag und R. L. Snipes (1999): Colonic Separation Mechanism in Lagomorph and Rodent Species - a Comparison, Milt. Mus. Nat.kd. Berl., Zool. Reihe 75 (1999) 2, 275-281
- D. S. PARKER (1975): The measurement of production rates of volatile fatty acids in the caecum of the conscious rabbit




Getorix, April 2011

Fussleiste, nur RSS Feed Link